Noch mehr Gletscher und eine Nachtwanderung
Haben wir langsam genug von Gletschern und Bergen? Nein, noch nicht. Wir können Wanaka auch nicht verlassen ohne die zwei bekanntesten und mehrfach empfohlenen Wanderungen angegangen zu sein: Den Rob Roy Glacier Track und Roy’s Peak. Die Namen können etwas verwirrend sein, die Orte aber wohl kaum unterschiedlicher.
Rob Roy Glacier – Auch ohne Allradantrieb zum Ziel
Los geht es zum Parkplatz des Rob Roy Glacier Track, genannt Raspberry Flat Carpark. Der Vormittag hatte uns noch Hoffnung gemacht, aber als wir gerade auf die Nebenstraße abbiegen, die uns weiter ins Hinterland des Mount Aspiring Nationalparks bringen soll, fängt es in Strömen an zu regnen. It was raining cats and dogs, wie man so schön sagt. In Gedanken an die bevorstehenden dreißig Kilometer Schotterstraße (”Good Weather Road Only!”) irgendwo zwischen nirgendwo und Schafen ohne Handyempfang, weit und breit keiner Menschenseele, einem Zweiradantrieb und der Gefahr, dass das Ansichtsobjekt von Wolken versteckt wird, wird uns etwas mulmig zu Mute. Wir kehren dann doch lieber um und verschieben den Ausflug auf den nächsten Tag.
Neuer Tag, neuer Versuch. Heute holpern wir mit unserem Toyota Wish Baujahr 2003 über die doch sehr ausgefahrene Schotterstraße, oder das was davon übrig ist. So ein Subaru mit Allradantrieb hätte schon was. Der Raspberry Flat Carpark ist überraschend voll mit Campervans, die hier übernachtet haben. Eine kurze Stärkung, dann machen wir uns auf die ein bis zwei Stunden langen “easy” Wanderung zum Rob Roy Glacier. Nachdem wir eine Brücke über einen hellblauen Gletscherfluss überquert haben, führt der Weg durch wunderschönen einheimischen Wald ein Nebental hinauf. Am Ende angekommen erstreckt sich über uns der Gletscher und hier und da erkennt man plätschernde Wasserfälle. Ein guter Platz für die Mittagspause.
Das beste Schwimmbad der südlichen Hemisphäre
Zurück auf dem Zeltplatz in Albertown folgt dann eins meiner absoluten Highlights. Wir wollen uns nur kurz im danebenliegenden Fluss abkühlen, aber ein anderer Camper spricht uns an und zeigt uns mit Begeisterung seine Lieblingsbadestelle. Schwimmt man hier Richtung Flussmitte, wird man ab einem gewissen Punkt von der Strömung mitgerissen bevor man etwa fünfzig Meter weiter wieder Richtung Ufer gespült wird und dort von einer Art Gegenströmung erfasst wird. Auf diese Weise gelangt am am Ufer entlang wieder zurück zur Einstiegsstelle. Sehr faszinierend, dieser Wasserkreisel und um Welten besser als diese Dinger im Schwimmbad, die man sich mit hundert anderen Leuten teilt
Roy´s Peak – Nachtwanderung mit 1.300 Höhenmetern
Roy´s Peak am helllichten Tag wie alle Standardtouristen? Noch dazu bei gefühlten dreißig Grad in der prallen Sonne? Nein, danke. Da stellen wir uns lieber den Wecker auf drei Uhr in der Frühe. Eine Stirnlampe und Frühstück im Gepäck biegen wir gegen halb vier auf den Parkplatz am Fuße von Roy´s Peak ein, der schönste Aussichtpunkt über den Lake Wanaka und die Umgebung.
Wir müssen lachen, als wir feststellen, dass wir bei weitem nicht die einzigen sind, die die komische Idee hatten, den Sonnenaufgang vom Gipfel aus zu beobachten. Wir quetschen uns noch auf den Parkplatz und starten den Aufstieg zeitgleich mit vier anderen Gruppen. Das gute am Nachtwandern ist, dass man nicht sieht wie weit man noch bergauf laufen muss. Man sieht trotz Lampe und Sternenhimmel nur maximal bis zu nächsten Kurve am baumlosen Hang. Das einzige was erahnen lässt, wie weit es noch ist, sind die sich langsam bewegenden Lichter schräg über uns. Keine Sterne, sondern die Taschenlampen der zahlreich vor uns gestarteten Nachtwanderer. Gegen halb sieben erreichen wir den ersten Aussichtspunkt, den wir uns mit zwanzig anderen Frühaufstehern teilen. Von hier aus beobachten wir, wie sich der Horizont langsam orange färbt und die Berge in ein seichtes Rosa taucht. Unser Frühstück wird ganz gemäß dem Spruch “Der Grund, warum du wandern gehst, ist, um dein Essen an schöneren Orten zu genießen” auf dem Gipfel verspeist, nachdem wir die etwa 1.300 Höhenmeter bewältigt haben.
Auf dem Weg nach unten bemitleiden wir ein wenig, die armen Wanderer (offensichtlich Touristen), die sich jetzt in einer unglaublichen Hitze den Berg hinaufquälen, sind aber auch von der Sportlichkeit derjenigen beeindruckt, die den Berg hinauf und wieder hinunter joggen (offensichtlich Einheimische). Wir freuen uns jetzt nach knapp sechs Stunden intensivem Morgensport wirklich sehr auf eine weitere Kreiseltour im Lieblingsfreibad bevor wir unsere Sachen packen und weiter nach Süden fahren.